Freitag, 5. Juli 2013

Das Geschenk

Die schönste Zahnlücke der Welt

Ich musste noch einige letzte Weihnachtseinkäufe erledigen und hielt mich zu diesem Zweck in einem Spielzeuggeschäft auf, genauer gesagt in der Barbie-Abteilung. Ein hübsch angezogenes kleines Mädchen sah sich ganz aufgeregt ebenfalls Barbiepuppen an, ein paar zusammengerollte Geldscheine in der Hand. Immer wenn sie zu einer Puppe kam, die ihr besonders gut gefiel, drehte sie sich zu ihrem Vater um und fragte, ob ihr Geld dafür reiche. Er sagte immer „Ja“, aber sie schaute jedes Mal noch weiter und fuhr auch fort mit dem Ritual: „Reicht mein Geld?“
Während sie sich so eine Puppe nach der anderen ganz genau betrachtete, schlenderte ein kleiner Junge den Gang entlang und sah sich bei den Videospielen um. Er war ordentlich angezogen, aber seine Kleidung war schon ziemlich abgetragen, und die Jacke, die er trug, war offensichtlich ein paar Nummern zu klein. Auch er hatte Geld in der Hand, aber so wie es aussah, konnten es nicht mehr als 5 Dollar sein. Auch er war in Begleitung seines Vaters, aber jedes Mal, wenn er ein Videospiel ausgesucht hatte und seinen Vater fragend anschaute, schüttelte der den Kopf.
Das kleine Mädchen hatte sich jetzt anscheinend für eine Puppe entschieden, ein wunderschön angezogenes, glamouröses Geschöpf, um das es von jedem anderen Mädchen seiner Straße beneidet werden würde. Aber dann blieb sie stehen, um zu beobachten, was sich zwischen dem Jungen und seinem Vater abspielte. Ziemlich entmutigt hatte der Junge sich die Videospiele bereits aus dem Kopf geschlagen und stattdessen etwas ausgesucht, das wie ein Stickeralbum aussah. Dann gingen er und sein Vater durch einen anderen Gang des Geschäftes in Richtung Kasse.
Das kleine Mädchen stellte die sorgfältig ausgewählte Puppe wieder ins Regal zurück und rannte hinüber zu den Videospielen. Ganz aufgeregt nahm sie eines der Spiele, das ganz oben lag, und rannte dann nach einer kurzen Absprache mit dem Vater zu den Kassen. Ich nahm meine Einkäufe und stellte mich hinter ihnen in die Schlange. Und dann, sehr zur Freude des Mädchens, stellten sich der kleine Junge und sein Vater hinter mir an.
Nachdem das Videospiel bezahlt und verpackt war, gab das kleine Mädchen es der Kassiererin zurück und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Kassiererin lächelte und legte das Päckchen unter die Kasse. Ich bezahlte danach noch meine Sachen und sortierte Bon und Kleingeld in mein Portemonnaie ein, als der kleine Junge an der Reihe war.
Die Kassiererin tippte den Betrag ein und sagte dann: „Herzlichen Glückwunsch, Du hast einen Preis gewonnen!“ Und damit gab sie dem kleinen Jungen das Videospiel. Der konnte sein Glück kaum fassen und sagte, das sei genau das Spiel, das er sich gewünscht habe!
Das kleine Mädchen und ihr Vater hatten während der ganzen Zeit am Ausgang gestanden, und ich sah das breiteste, hübscheste Lächeln eines kleinen Mädchens, das ich je gesehen habe. Ihre Zahnlücke war eindeutig die Schönste der ganzen Welt! Dann gingen sie hinaus und ich direkt hinter ihnen.
Auf dem Weg zu meinem Auto, immer noch erstaunt über das, was ich da gerade miterlebt hatte, hörte ich, wie der Vater seine kleine Tochter fragte, wieso sie das getan hätte. Und ich werde auch nie vergessen, was sie antwortete. „Papa, wollten Oma und Opa nicht, dass ich etwas kaufe, was mich glücklich macht?“ Er antwortete: „Natürlich wollten sie das, mein Schatz.“ Woraufhin das kleine Mädchen entgegnete: „Und das habe ich gerade getan.“ Dann lachte sie und rannte zum Auto.
Ich war in dem Spielzeuggeschäft gerade Zeugin eines Weihnachtswunders geworden in Gestalt eines kleinen Mädchens, das mehr von Sinn des Festes begriffen hatte, als die meisten Erwachsenen, die ich kenne!

Sharon Palmer
aus "Per Anhalter in den Himmel" von Alice Gray

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