Zettelschneider
Tom, der Zettelschneider
In London lebte ein armer, kranker Junge, der keinen Vater und keine
Mutter mehr hatte, bei seiner unfreundlichen, mürrischen Pflegemutter.
Er war sehr elend und sehr unglücklich, seine einzige Freude bestand
darin, dass er öfter Besuch bekam von seinem Freunde Hans.
Aber
einmal kam ein ganz trauriger Tag. Da erzählte ihm Hans, er gehe nun
fort aufs Land zu seinem Onkel und könne Tom nie mehr besuchen.
Da weinte der arme Tom und sagte: “Jetzt verlier’ ich meinen einzigen Freund, o, was fang ich an?”
“Weine nicht,” sagte Hans, “ich habe Geld für dich gespart, eine ganze Mark, die schenk ich dir zum Trost.”
Aber Tom jammerte weiter. “Was soll ich mit dem Geld?”, sagte er, “Meinen Freund will ich!”
Da dachte Hans ernstlich nach, wie er ihn wohl trösten könnte, und
plötzlich rief er: “Weißt du was, Tom? Unten im Laden bei Herrn Fischer
hab ich ein dickes Buch liegen sehen, darauf steht “nur eine Mark”, das
will ich dir für dein Geld holen, da müssen doch viele, viele
Geschichten drinstehen, und du hast einen Zeitvertreib, wenn ich fort
bin.”
Damit war Tom einverstanden, er trocknete sich die Augen, und bald hielt er das schöne, dicke Buch in den Händen.
Es war eine Bibel.
Nun begann eine neue Zeit für den armen Tom. Er las und las. Erst las
er das Alte Testament, und manche Worte bohrten sich schon in seine
Seele. Wie er aber in das Neue Testament hineinkam, da wurde es helle in
seinem Herzen, er sah wie, lieb ihn Jesus hatte, und er fing an, Ihn zu
lieben von ganzer Seele.
Aber nun wollte er etwas für Ihn tun, o
was konnte er, der arme, kleine Tom, wohl für den Heiland tun? Sein Herz
brannte vor Liebe, und er wollte das dem Heiland so gern, so gern
zeigen! Aber wie? Tom fing an zu beten um Arbeit für den Heiland.
Jetzt fiel’s ihm ein. Die lieben, schönen Bibelsprüche auf
Papierstreifen schreiben und aus dem Fenster auf die Straße
hinabflattern lassen, dann mussten die Vorübergehenden sie lesen und
auch lieben den Jesus kennen lernen! Aber dazu gehört Papier und Tinte!
Tom bittet seine Pflegemutter, ihm zweimal in der Woche statt seiner
Morgenmilch Tinte und Papier zu geben; verdrießlich und spottend tut
sie’s und nun beginnt Tom seine herrliche Arbeit für den Heiland. Tag um
Tag wirft er seine sauber geschriebenen Bibelsprüche zum Fenster
hinaus.
Eines Tages tritt hastig ein elegant gekleideter, junger Mann ins niedere Stübchen. “Wo ist der Tom?”, fragt er.
“Hier liegt er,” sagt Tom und sieht ihn freundlich an.
Jetzt setzt sich der feine Herr an sein Bett, küsst sein blasses
Gesicht und sagt: “Deine Sprüche haben mich zu Jesus geführt, und heute,
Tom, fand ich den Spruch: “Wirke, so lange es Tag ist, es kommt die
Nacht, da niemand wirken kann.” Ich will für Jesus wirken, Tom, ich
werde Missionar.”
Wie glücklich war unser Tom, und wie dankbar beteten die beiden miteinander!
An demselben Tage, als auf Toms Grabhügel die frischen Kränze
niedergelegt wurden, kniete in der Kathedrale auf den Stufen des Altars
ein ernster, junger Mann und wurde eingesegnet, um auszuziehen als
Missionar unter die Heiden. Das war jener junge Referendar, der durch
Tom gewonnen war für den Heiland.
Autor unbekannt
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