Montag, 25. November 2013

46 Sex-Sklavinnen

GHANA: Die Geschichte der Befreiung von 46 Sex-Sklavinnen

„An dem Abend, als ich Annabelle traf, regnete es”, berichtet Chris Insaidoo von Operation Mobilisation Ghana. „Sie kam auf mein Auto zu und fragte: ‚Willst du mich für diese Nacht haben?‘ Ich wurde so traurig. ‚Warum tust du dir das an, meine Schwester?‘ fragte ich das Mädchen und schaute dabei in ihre dunklen Augen. ‚Du hast dein ganzes Leben noch vor dir. Warum nur bist du heute Nacht hier in diesem Regen – und willst deinen Körper verkaufen?‘ ‚Das ist eine lange Geschichte, Sir‘, flüsterte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. ‚Entschuldigung, mehr kann ich dazu nicht sagen. Sie beobachten mich.‘ Ich gab dem Mädchen meine Telefonnummer und sagte ihr, sie solle mich anrufen. Dies war der Beginn, der schließlich zur Befreiung von 48 nigerianischen Sex-Sklavinnen führte.“
Es ist kein Geheimnis, dass die organisierten, kriminellen Banden aus Nigeria viele Milliarden Euro mit Menschenhandel verdienen, der über weltweite Netzwerke abgewickelt wird. In den vergangenen 10 Jahren haben die Bosse zehntausende Frauen und Kinder in andere Teile Afrikas und nach Übersee transportiert, wo sie zu harter Arbeit und Prostitution gezwungen wurden.

„Ich musste jede Nacht mit bis zu 12 Männern schlafen.”

Die jungen Frauen, von denen Chris erfuhr, waren alle zwischen 17 und 25 Jahre alt. Sie waren mit dem Versprechen auf Arbeit zu einem „Gästehaus“ im inoffiziellen Rotlichtviertel von Kumasi in Ghana gebracht worden. Wenn die Mädchen erst einmal dort waren, wurden sie informiert, dass sie als Prostituierte arbeiten würden. Sie könnten ihre Freiheit nur dann zurückkaufen, wenn sie dafür 1.400 Euro (1.840$) bezahlen würden. Jede von ihnen wurde dann dazu gezwungen, die billige, enthüllende Kleidung zu tragen, die ihnen gegeben wurde, und sie mussten losziehen, um Kunden anzuwerben.
Oftmals erhielten die Frauen gerade mal 2 Euro für ihre Dienste, und nicht selten wurden sie sowohl von Einzelnen als auch von Banden vergewaltigt oder ausgeraubt. Ein Mädchen namens Angela erzählte Chris später, dass sie manchmal mit bis zu 12 Männern in einer Nacht schlafen musste, um die erforderliche Summe aufzubringen, damit sie für Essen und Miete bezahlen konnte. „Du durftest nicht krank werden und schon gar nicht schwanger“, fügte sie hinzu. „Unsere Zuhälterinnen schlugen uns sonst erbarmungslos und schickten uns dann fort, um mit Männern zu schlafen, bis sie ein Gebräu für dich erworben hatten, dass du trinken musstest. Drei Tage nach der Abtreibung musstest du wieder an die Arbeit gehen.“
Chris Insaidoo, der Gründer von Rural Evangelism Crusaders (evangelistische Misssionarbeit in den Dörfern), der 2010 zu OM Ghana kam, ist seit sechs Jahren am Kampf gegen den Menschenhandel mit Kindern und Mädchen beteiligt. Chris sah sich genötigt zu handeln, nachdem er von der Notlage von Hunderten von Jungen und Mädchen erfuhr, die aus armen Gebieten im nördlichen Ghana geholt und zu Sklavenarbeit gezwungen wurden. Viele Kinder wurden für die Farmarbeit benötigt, oder zum Fischen am Volta-See, einem der größten Stauseen der Welt. Ihre Arbeit schloss das Tauchen nach Fischernetzen mit ein, in denen sich unzählige Baumstümpfe verfangen hatten. Dies war eine gefährliche Arbeit, die zu verschiedenen Krankheiten durch das Wasser und sogar zum Ertrinken führen konnte. Allein im letzten Jahr konnte das Team von OM Ghana 150 befreite Kinder, bzw. Kinder, denen der Menschenhandel drohte, in die Schule schicken.

„Diesen Mädchen musste Gerechtigkeit widerfahren.”

Nach der Begegnung von Chris mit Annabelle arbeitete das Team daran, mehr Informationen über andere nigerianische Mädchen auf der Straße zu bekommen. Dies war eine gefährliche Aufgabe, besonders als sie einige örtliche Polizisten dabei beobachteten, wie sie mit den Menschenhändlern zusammenarbeiteten. „Doch weil wir das Gefühl hatten, dass diese Mädchen Gerechtigkeit verdienten“, sagte er, „gingen wir zum Polizeichef. Er leitete uns an die „Anti-Human Trafficking“-Einheit (Einheit im Kampf gegen den unmenschlichen Menschenhandel) der regionalen Polizeistation in Ashanti weiter, und durch die Informationen, die zwei Mädchen unserem OM Team gegeben hatten, wurde eine Razzia in dem Bordell veranlasst. Vier Menschenhändler wurden verhaftet und 46 Mädchen befreit.“
Chris erklärt uns, dass die Befreiung von Menschen jedoch eine kostspielige Sache ist. Die Opfer fühlen sich hinterher häufig betrogen, sind voller Scham und verängstigt, und sie haben keinen Ort, an den sie gehen können. Um die Macht über die Opfer zu behalten, lassen die Menschenhändler manchmal Informationen an die Familien der Mädchen durchsickern, dass diese zu Prostituierten geworden sind, und deshalb können sie nicht mehr nach Hause gehen. Außerdem führen die Menschenhändler okkulte Zeremonien mit ihren Haaren oder ihrem Blut durch, um sie zu überzeugen, dass ein Familienmitglied verrückt werden oder sterben wird, falls sie ihren Kidnappern nicht gehorchen. „Deshalb“, sagte er, „müssen wir den Mädchen mit Befreiungsgebet dienen. Dies ist harte Arbeit, doch Menschen, die gerettet wurden, werden ohne Christus zurück in die Sklaverei gehen. Du musst sowohl ihren geistlichen als auch ihren körperlichen Bedürfnissen begegnen. Ich habe einige der Mädchen getroffen, die wir damals in Nigeria retten konnten, und sie hatten große Schwierigkeiten. Deshalb versuchen wir, sie mit christlichen Gemeinden in Kontakt zu bringen.“
Von den 46 geretteten Mädchen wurden 12 zu der OM Basis in Ghana gebracht, um dort Seelsorge, Rehabilitation und Jüngerschaftstraining zu erhalten. Jetzt wurden sie zu ihren Familien zurückgeschickt, und die meisten von ihnen konnten einen Neuanfang machen. Und auch wenn wir uns über die Rettung von jungen Frauen wie Annabelle und Angela freuen, ist es dennoch eine Tatsache, dass noch Hunderttausende weiterhin die Gefangenen der Mächtigen bleiben. Diese Arbeit hat auf der ganzen Welt gerade erst angefangen.

Quelle: DEBBIE MEROFF, OM/JoelNews
Ausgabe: 28/2013

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